„Feuern Sie Ihre PR-Leute“

Textkritik, die noch immer gilt

„Feuern Sie Ihre PR-Leute“, hat Bernd Ziesemer, ehemaliger Chefredakteur des Handelsblattes,  einen Beitrag aus dem Jahr 2000 überschrieben. Der Inhalt ist unvermindert aktuell. Hierauf verweise ich deshalb regelmäßig bei IHK-Seminaren zur Pressearbeit mittelständischer Unternehmen, bei denen ich als Dozent auftreten darf.

Ziesemer nannte eine Reihe von Gründen, mit denen sich sogenannte Kommunikationsfachleute für Pressearbeit disqualifizieren. Anhand von Beispielen aus PR-Texten von Unternehmen zeigte er auf, was Redakteure damals störte. Viele von ihnen illustrieren auch heute noch Ausschlusskriterien für gute Pressemitteilungen. Dazu gehören nichtige Anlässe, fehlerhaftes oder geschwollenes Deutsch, mit englischen Ausdrücken gespickte Texte. Ebenfalls auf der Liste stehen nichtssagende Zitate und telefonisches Nachfassen, ob die Meldung auch veröffentlicht wird.

Kurz nach der Jahrtausendwende hat ihn sicherlich der „Neuen Markt“-Hype genervt. Damals gab es zahlreiche Börsengänger hipper Unternehmen. Eine Flut schlecht formulierter, nichtssagender Unternehmens-Pressemitteilungen ergoss sich über die Redaktionen von Tageszeitungen und Fachzeitschriften .

Auch heute ist es oft nicht besser geworden. Internetportale, bei denen jedermann kostenlos Pressemitteilungen veröffentlichen kann, geben selbst dem Nicht-Redaktionsmitglied einen erschreckenden Einblick in das, was aktuell von PR-Leuten verbrochen wird.

Ein Beispiel gefällig?

Den Text auf dem Foto fand ich als Beitrag mit Datum 14. April 2010 im Portal www.pressemitteilung.ws.  Er beginnt mit  den Zeilen: „Erneut das HÖHEN – Limit nach oben verschoben hat Fa. H.A.B. aus Kronau. Mit der neuen S 320-12 stellt H.A.B. nochmals unter Beweis, was technisch machbar ist. Bereits seit Dezember letzten Jahres laufen die beiden ersten Geräte dieser neuen SUPER Serie und sind schon jetzt nicht mehr wegzudenken. “

Und? Wissen Sie, um was es geht (wenn Sie über die Versalien hinweggekommen sind)? Wie sollten Sie auch. Erst weitere zwei Sätze später kommt der Hinweis: „Zudem sind ALLE Hochregal – Bühnen von H.A.B. in VOLLER Höhe verfahrbar.“

Die Negativliste lässt sich leicht ergänzen

Zu Ziesemers Negativkriterien lassen sich bereits nach Lektüre dieses Textes noch weitere hinzufügen. Wer in seinem Text nicht verrät, um was es ihm geht – gehört gefeuert. Texter, die mit Großbuchstaben herumschreien und Ausdrücke wie „Super“ benutzten – gehören gefeuert.

Wer behauptet, eine Firma beweise mit einer neuen Hochregal-Bühne, „was technisch machbar ist“ – gehört gefeuert und noch einmal auf die Schule. Und wer glaubt, dass es mitteilenswert sei, dass eine Hochregal-Bühne nicht mehr wegzudenken sei, der soll doch einmal zeigen, wie es möglich ist, auch nur eine Schraube „wegzudenken“. Man darf gespannt sein: Die Autorin bezeichnet sich selbst als „Journalistin, Psychologin, Dozentin“ – vielleicht kann sie das ja.

Beispiele für weitere Textkritik

Für Hinweise auf interessante Pressemitteilungen, Veröffentlichungen in Publikationen oder im Internet für eine Textkritik bin ich dankbar. Bitte mailen an info@auchkomm.de.

F.  Stephan Auch

von: F. Stephan Auch

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4 Antworten zu “„Feuern Sie Ihre PR-Leute“”

  1. Scheffvomdienst,
    es ist sicher für jeden, der Pressetexte schreibt von Vorteil, zu wissen, wie in einer Redaktion gearbeitet wird.

  2. Scheffvomdienst sagt:

    Wer noch nie eine Redaktion von innnen gesehen hat sollte auch keine Pressetexte schreiben.

  3. Performer,
    Ihre Einschätzung teile ich. Aber „Betriebsblindheit“ ist eine Krankheit, die sich bekanntlich leicht heilen lässt.

  4. Performer sagt:

    Oft fehlt meiner Einschätzung nach bei den Verantwortlichen in Unternehmen einfach das Bewußtsein dafür, wie ihre Kommunikation nach Außen hin wirkt. Der erwähnte Pressetext ist ja eine Katastrophe.

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