Zug, U-Bahn, Supermarkt: Muss wirklich jeder mithören? 

Dienstag, 11. Februar 2025

Warum halten Menschen ihr Handy waagerecht vor den Mund – und stören dabei andere?

Haben Sie das auch schon erlebt? Das Ruheabteil im Zug ist voll, also sitzt man in einem Wagen, in dem wie wild telefoniert wird. Dort trifft man dann wieder auf so jemanden – wie auch in der U-Bahn oder im Supermarkt mit seinen Einkaufswagen: Das Handy hält er waagerecht vor den Mund, den Lautsprecher auf voller Lautstärke: Er führt ein Gespräch, das alle Umstehenden zwangsläufig mit anhören müssen. Es wirkt, als wäre das Konzept des privaten Telefonats einfach abgeschafft worden. Rücksichtnahme? Fehlanzeige!

Zug, U-Bahn, Supermarkt: Muss wirklich jeder mithören?
Zug, U-Bahn, Supermarkt: Muss wirklich jeder mithören? (Foto: F. Stephan Auch)

Früher hielt man den Hörer ans Ohr, sprach in ein Mikrofon und telefonierte, ohne die Umgebung mit einzubeziehen. Das reicht vielen nicht mehr, sie scheinen vor allem eins zu wollen: sicherstellen, dass sie von ihrem Gesprächspartner gut verstanden werden. Und das geht bei ihnen nicht, ohne ihre Umgebung ebenfalls, meist mit Banalitäten, zu „unterhalten“. 

Rücksichtnahme? Fehlanzeige!

Die Steigerung der Zwangsbeschallung sind Gespräche, bei dem der Telefonierer nicht nur alle mithören lässt, sondern selbst auch noch reinbrüllt. „Wohl ein Ferngespräch“, meinte meine Cousine einmal dazu.

Vielleicht steckt dahinter Unsicherheit. Manche haben wohl das Gefühl, dass sie sonst nicht klar zu verstehen sind. Da fragt man sich allerdings: Warum benutzt der Anrufer nicht einfach ein Headset? Das würde die Belästigung beenden. Die Person hätte die Hände frei – für den Einkaufswagen oder den unvermeidlichen „Coffee-to-go-Becher“ – und wäre für sein Gegenüber gut verständlich. Vor allem bliebe der Rest der Umgebung von der unfreiwilligen Teilnahme am Gespräch verschont.

Oft wird allerdings gar nicht mehr telefoniert, sondern nur eine Sprachnachricht aufgenommen. Das fällt leichter, wenn man das Mikrofon vor den Mund hält, da man müheloser den Aufnahmeknopf betätigen kann. Die bessere Sprachqualität ist kein Grund, denn moderne Smartphones sind so gebaut, dass sie Stimmen auch dann klar aufnehmen, wenn das Mikrofon nicht direkt vor dem Mund ist.

Die Angst vor Handystrahlungen ist nicht der Grund

Ein Grund für die Haltung weg vom Körper könnte der Strahlenschutz sein. Hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) zur Übertragung von Informationen entstehen beim Telefonieren ohne Freisprecheinrichtung direkt am Kopf. Allerdings weist das Bundesamt für Strahlenschutz in Salzgitter darauf hin, dass der international empfohlene Grenzwert nach dem derzeitigen wissenschaftlichen Kenntnisstand ausreichend vor Gesundheitsrisiken schützt. 

Der von der International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection (ICNIRP) empfohlene maximale SAR -Wert beträgt 2 Watt pro Kilogramm. Ein aktuelles Modell des iPhone 15 Pro erzeugt direkt am Ohr einen SAR-Wert von 0,98 W/kg, also knapp die Hälfte. Die geringste Strahlung emittiert laut Bundesamt das Modell „Globalstar – GSP-1700“ (nie gehört) mit 0,01 W/kg, die höchste kommt mit 1,94 W/kg von einem LG-G512 (ein Auslaufmodell). Das liegt alles noch im grünen Bereich.

Ich wage mich einmal aus dem Fenster und behaupte, das Thema „Handystrahlung“ interessiert die meisten Lauttelefonierer nicht die Bohne.

Rücksicht erleichtert den Alltag

Was ist es denn? Ich weiß es nicht.

Was ich weiß: Wir alle leben in Gemeinschaft. Rücksichtnahme ist kein Luxus, sondern ein Verhalten, das unser aller Alltag angenehmer macht. 

Meine Erfahrung im Zug ist, dass einer freundlich vorgebrachten Bitte, doch ein Headset zu nehmen oder den Lautsprecher auszuschalten meist entsprochen wird. Nicht immer, aber meistens.

Aber die Frage bleibt: Warum halten so viele ihr Handy waagerecht vor den Mund?

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